»Experiment Farbe« soll den eigenen Einsatz von Farbe mit einer bewusst sehr offenen Arbeitsweise – ohne eine allzu strategische Herangehensweise – hinterfragen. Zu Beginn haben wir drei Regeln definiert: Wir wollten auf einen Perspektivwechsel hinarbeiten, uns die maximale Freiheit zur Erforschung von Farbe gewähren und interdisziplinär, experimentell und ergebnisoffen arbeiten.
Das Ziel: die Erstellung möglichst vieler gestalterischer Artefakte, anhand derer der Umgang mit Farbe analysiert wird. Eine detaillierte Dokumentation ermöglicht das Auswerten der gesammelten Erkenntnisse.
Mittels der »Zufälliger Artikel”-Funktion auf Wikipedia wurden Begriffe gelost, die dann mit Farbe in Verbindung gebracht wurden und in der Gestaltung von Artefakten mündeten. Dies brachte den Faktor Zufall und einen damit einhergehenden Kontrollverlust in das Projekt ein – eine zusätzliche interessante Komponente.
Entstanden sind 13 völlig verschiedene Arbeiten zu 13 Begriffen. Sie bilden die Bandbreite dessen ab, was Farbe in unserer Welt, unserer Umgebung, unserer Gesellschaft ausmacht. Von alltäglich bis kontrovers – Farbe bietet ein großes Spektrum und hat eine große Macht!
Die Arbeit »Gyöngyi Gaal« befasst sich mit der Neugestaltung von Schiedsrichterkleidung. Diese hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert und zeichnet sich seit jeher durch ein farblich monotones, neutrales und rein funktionales Äußeres aus. Die hier präsentierte Arbeit stellt dieses bewährte Gestaltungskonzept in Frage und versucht, durch experimentelle und gestalterische Überspitzung das bekannte Spektrum zu erweitern. Der dynamische und unkonventionelle Einsatz von Farbe ist ein zentraler Punkt dieses Konzeptes.
Gleich beide Begriffe der ersten Runde kommen, so will es der Zufall, aus dem Bereich des Fußballs. Während sich die eine Arbeit farbenfroh präsentiert, gibt das Fußball-Achtelfinale der Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam Anlass, sich im Bereich von nicht vorhandener Farbe zu bewegen. Genauer gesagt beschäftigt sich diese Arbeit unter anderem mit Farbenblindheit in einem Sport, in dem Farbe eine wichtige Rolle spielt.
Pornografie und Farbe sind Themenbereiche, die eigentlich nur selten miteinander in Verbindung gebracht werden, sofern wir an dieser Stelle von Suchfunktions-Filtern geläufiger Pornografieseiten absehen dürfen. Diese Arbeit ist ein Versuch, pornografische Filme mittels des Einsatzes von Farben und Formen zu abstrahieren. Ist Sexualität abstrahierbar ohne klare Formen? Welche Rolle spielt in diesem Kontext die Farbe und wo liegen die Grenzen zwischen reizvoll und reizlos?
In dieser Arbeit geht es um die Antike Polychromie, also um die vielfarbige Bemalung von antiken, vorrangig griechischen und römischen Objekten. Entgegen der über viele Jahrhunderte verbreiteten Auffassung, dass Statuen, Gebäude und Gegenstände bei der Erstellung im unbemalten Materialton gelassen wurden, weiß die Wissenschaft heute, dass die Welt früher deutlich bunter war als angenommen. Ein interessantes Thema, das eine perfekte Vorlage für einige farbenfrohe Experimente lieferte.
Insekten sind wahre Meister der Tarnung. Der Eichenwickler geht dabei mit seiner grünen Farbe relativ subtil vor, trotzdem stößt man bei der Recherche zu Insekten unweigerlich und schnell auf das Thema Farbe. Ein ganz besonderes Phänomen ist die Mimikry, mit der potenziellen Fressfeinden vorgegaukelt werden soll, dass das Insekt besser nicht gefressen werden sollte. Auch damit beschäftigt sich diese Arbeit in farbenfroher Art und Weise.
Militärbischöfe bekleiden in der katholischen Kirche ein Amt, das der Seelsorge und Unterstützung der Soldaten ihres Landes dient. Dieses Projekt beschäftigt sich auf kontroverse Art und Weise mit dem Amt an sich. Militärbischöfe stehen im Konflikt zwischen Krieg und Kirche. Durch die Mischung von typisch militärischen Tarnmustern mit der Kleidung der Kirchenmänner wurde eine Brücke geschlagen, die visuell irritiert, sich aber durchaus logisch begründen lässt.
Das Streben nach Individualität ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Zeitalters und unserer gegenwärtigen Kultur. Statussymbole verändern sich zwar in ihrer Darstellungsform. Jedoch bleibt die Tatsache, dass wir uns durch unser Hab und Gut definieren, davon unberührt. Mit dieser Tatsache vor Augen, befasst sich diese Arbeit mit dem wohl beliebtesten Statussymbol von allen – dem Auto. Ist es möglich, ein Auto zu kreieren, welches bezahlbar bleibt, jedoch gleichzeitig absolut einzigartig ist?
Die Verkehrsnetze der Welt werden auf Wikipedia sehr detailliert behandelt, so auch die Expressways in Südkorea, die den deutschen Autobahnen entsprechen. Die Expressway-Zeichen ähneln dabei stark den US-amerikanischen Highway-Zeichen. Dieses Projekt beschäftigt sich auf dieser Grundlage mit Straßenschildern und deren Farben. Es geht der Frage nach, ob Farben im Straßenverkehr wichtig sind, und experimentiert mit alternativen Möglichkeiten für Verkehrszeichen.
Wie sähe unsere Welt eigentlich aus, wenn wir Gerüche visuell wahrnehmen könnten? Hunde wüssten es wahrscheinlich, denn sie sind Makrosmatiker: Lebewesen, bei denen der Geruchssinn den wichtigsten Wahrnehmungsapparat darstellt.
Diese Arbeit versucht, Farbe ins Unsichtbare zu bringen und Gerüche darzustellen. Vielleicht kommen wir so der Wahrnehmung der Hunde ein bisschen näher und können einen Blick »durch die Nase« der begabten Riecher werfen.
Zwischen Farben und Materialien besteht in der Wahrnehmung des Menschen seit jeher eine enge Verbindung. Purpurrot und Indigoblau zählen wohl zu den bekanntesten Beispielen. »Rost« ist ein Korrosionsprodukt, das aus Eisen oder Stahl durch Oxidation mit Sauerstoff in Gegenwart von Wasser entsteht. Diese Arbeit zeigt auf, wie sehr Farbe und Materialien einander bedingen, und anhand eines oxidierenden Mikrokosmos wird veranschaulicht, welche Potenziale diese Verbindungen beinhalten.
Vor dem Hintergrund der nationalistischen und rassistischen Sekte »The Covenant, The Sword, and the Arm of the Lord« beschäftigt sich diese Arbeit auf ungewöhnliche Weise mit dem US-amerikanischen Rassenkonflikt zwischen Schwarz und Weiß.
Die zugrundeliegende Frage, die zu dieser Arbeit geführt hat: Was, wenn nicht Nazis und Ku-Klux-Klan für Schrecken gesorgt hätten, sondern die »Black Supremacy«-Vision etwa eines Malcolm X zur Realität geworden wäre? Entstanden sind skurril anmutende Illustrationen, die die Absurdität von rassistischen Ideologien zum Ausdruck bringen.
Sprache als Medium betrachtet ist nichts anderes als ein Kodierungsystem für Informationen: Wörter werden mit Bedeutungen aufgeladen und Wörter bestehen wiederum aus einer Aneinanderreihung von Buchstaben. Diese sind, wenn man so möchte, der Quellcode, die Grundlage der Kodierung. Dieses Prinzip hat sich seit der Erfindung der Schrift nicht verändert und dient seitdem den Menschen als wichtigstes Kommunikationsmittel überhaupt. Diese Arbeit überprüft, ob dieses System auch mit Farben funktioniert.
Ausgehend vom Begriff »Bahnhof Köthen«, der eine historisch wichtige Bahnstrecken-Kreuzung in Deutschland darstellt, hat diese letzte Arbeit Verkehrsknotenpunkte im Blick. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlichster Varianten von Autobahnkreuzungen, dahinter steckt eine regelrechte Wissenschaft, inklusive Stauforschern und Meisterarchitekten.
Den Abschluss dieses Projektes bildet ein Konzept für ein alternatives Leitsystem, das Menschen durch »Kleeblätter«, »Malteserkreuze« oder »Turbinen« leiten soll.
Die entstandenen Artefakte und die gesammelten Erkenntnisse bilden einen schönen Gegensatz zu unserem sonst sehr strategischen Vorgehen. Wir haben uns fest vorgenommen, den in diesem Projekt angewendeten Aspekt des experimentellen Vorgehens mehr in unsere alltägliche Arbeit einfließen zu lassen, um unseren Output an Ideen zu erweitern.
Ergänzend zu Bildern und Texten über den kreativen Prozess enthält jedes Projekt ein separates Heft mit zehn Fragen an uns selbst. Die Beantwortung der Fragen dient uns selbst zur präzisen Reflexion des Vorgangs.
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